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Freitag, 8. Juni 2007
Mein Weg zur (mit der) Hausgemeinde

von Richard Schutty

Als langjähriger Christ habe ich natürlich gewichtige Gründe, warum ich „die Gemeinde, wie wir sie kennen“ verlassen habe, um mich einer Hausgemeinde anzuschließen. Wie es dazu kam und was mich daran so begeistert, will ich in dieser Geschichte erzählen.

Ich bin seit 1975 ein Nachfolger Jesu, ich bin außerdem verheiratet und habe vier erwachsene Kinder und lebe in Essen. Über einen katholischen Hauskreis bekam ich als junger Mensch Kontakt zur Baptistengemeinde und war dort etwa 14 Jahre aktives Mitglied, zuerst in Bayern und später im Ruhrgebiet. Im Jahr 1989 kam ich, angestoßen durch eine Jüngerschaftsschule bei Jugend mit einer Mission, in einen starken Veränderungsprozess. Das führte schließlich dazu, dass ich mich einer neuen, charismatischen Gemeinde in einer anderen Stadt anschloss und in dieser die darauffolgenden 9 Jahre verbrachte. Die dortige Leiterschaft beauftragte mich 1995 an meinem Wohnort Essen eine „Tochtergemeinde“ zu gründen.
Nach etwa drei Jahren pastoraler Leitung der Gemeinde sah ich mich von Gott geführt und von der Gemeinde bestätigt, den Dienst, T.A.U.B.E. e.V. (TAUBE- Lebensdienst) zu beginnen. Doch dann wollte ich schon 1998 wegen aufkommender Konflikte und privater Probleme die pastorale Leitung der Gemeinde an einen der Ältesten abgeben. Meine Frau und orientierten uns anders, wir waren uns gewiss, dass Gott für uns etwas Neues vorbereitet hatte. Nach einem Jahr sogenannter „Gemeindelosigkeit“ wählten wir schließlich eine kleine evangelikale und anticharismatische Gemeinde als neuen Platz für uns. Dort konzentrierten wir uns mehr auf unsere „übergemeindliche Tätigkeit“ und hatten unseren Blick von der Gemeindearbeit abgewandt.
Aber schon im Jahre 2000 stellte uns Gott durch einen Propheten eine entscheidende Frage: „Warum wollt ihr keine Gemeinde sein.“ Mit dieser Frage konnten wir zunächst gar nichts anfangen und legten sie erst einmal zur Seite - eigentlich waren wir froh, den Gemeindestress hinter uns zu haben. Wir hatten keine Ahnung, dass mit der Frage Gottes ein neues Abenteuer für uns beginnen sollte. Ein Jahr später, wieder durch einen Propheten, redete Gott deutlicher: "Der Herr nimmt dir einen Plan aus der Hand und reicht dir einen neuen Plan, mit den Worten: ‚Ich will dir neue Vorlagen geben, nach denen du bauen sollst’“. Das klang in unseren Ohren schon deutlicher und wir waren gespannt, was das konkret bedeuten sollte. Bald folgte eine Reise in die Türkei. „Auf den Spuren des Apostel Paulus“ lernten wir die Sieben Sendschreibengemeinden kennen und waren begeistert. Ich beschloss, für unsere kleine evangelikale Gemeinde, einen Reisebericht mit Dias zusammenzustellen. Natürlich wollte ich auch genug historische Belege und biblische Zusammenhänge über die Gemeinde der ersten Jahrhunderte aufzeigen, doch dazu erschien mir das vorhandene Material zu wenig. So machte ich mich auf, um in der Stadtbücherei und im Internet noch mehr Informationen zu für meinen Vortrag zu besorgen. Als ich meine Recherche begann, war es, als ob ich von einem Virus infiziert wurde, der mich nicht mehr los lies und ich grub mich immer tiefer in die Geschichte der frühen Gemeinde ein. Etwa ein Jahr lang trug ich unermüdlich eine Menge Informationen zusammen und nutze die Zeit der Nachtwache in einer Betreuungstätigkeit, um das Material zu einem Buch zusammenzustellen. Aus meinen Nachforschungen wurde mir deutlich, dass sich die christlichen Gemeinden damals überwiegend in Privathäusern und an geheimen Orten versammelten und dass erst im dritten Jahrhundert institutionelle Strukturen und große Kirchengebäude auftauchten. Ich versuchte diese Entwicklung in meinem Buch zu verdeutlichen.
In dieser Zeit wurde ich von einem Bekannten zu einer bestehenden Hausgemeinde in einer Nachbarstadt eingeladen. Als ich diese „andere Gemeindeatmosphäre“ auf mich wirken ließ, wusste ich, das ist es, was Gott mit den „neuen Vorlagen“ meinte. Von da an hielten wir uns regelmäßig zu den Treffen dieser für uns „etwas anderen Gemeinde“. Nach einem halben Jahr verspürten wir den Drang, dasselbe in unserer Stadt, in unserer Wohnung zu beginnen. Ohne das zu wissen kam ein uns bekanntes Ehepaar auf uns zu und sagte: „Wenn ihr in Essen eine Hausgemeinde beginnen wollt, dann möchten wir dabei sein. Das gab uns den Startschuss und ehe wir uns versahen, waren wir 6 Personen. Anfangs gab es eine Fluktuation, Leute kamen und gingen, bis ein fester Kern zurückblieb. Im ersten Jahr begannen wir mit der Frage, die Gott uns anfangs gestellt hatte und formulierten sie für uns folgendermaßen um: „Wollt ihr Gemeinde sein?“
Da alle diese Frage bejahten, trugen wir innerhalb eines halben Jahres alle uns bekannten biblischen Informationen und eigenen Erkenntnisse zusammen, um zu definieren, was zu einer Gemeinde gehört. Am Ende schlossen wir einen gemeinsamen Bund: wir alle wollten konsequent Gemeinde sein. Gestärkt durch diese interessante Startphase verdoppelten wir uns innerhalb von zwei Jahren, doch dann stagnierte das quantitative Wachstum, trotz vieler Bemühungen. Längere Zeit fanden wir keinen Konsens und sahen auch keine gemeinsame Linie mehr, wie Gott uns führen wollte. Ein heftiges Konfliktgespräch in der versammelten Hausgemeinde brachte uns dann den nächsten Schritt, mit dem alle Teilnehmer einverstanden sein konnten. Wir sahen es als richtig an, die Gemeinde in drei Minigemeinden mit verschiedenen Treffen aufzuteilen Es war für alle eine schwere Entscheidung, doch wir gingen mutig voran und gaben uns einander frei. Danach geschah eine interessante Entwicklung, bei der die persönlichen Beziehungen immer stärker wurden – es war ein Wachstum in die Tiefe. Die Kontakte aller brachen nicht ab, sondern weiteten sich auf spontane „private Treffen“ untereinander aus.
Ein wichtiges Ereignis für alle ist heute der monatliche Hausgottesdienst in unserer Wohnung, wo wir alle zusammenkommen und fast den ganzen Sonntag miteinander verbringen. Es beginnt mit dem morgendlichen Kaffeetrinken, geht dann über in den Gottesdienst, der vom Ablauf immer anders ist und endet dann mit dem Kaffetrinken am Nachmittag und oft mit einem Spaziergang.

Im Rückblick erkenne ich, wie Gott uns über die anfängliche Frage in seinen Plan mit Gemeinde hineingenommen hatte. Er hatte uns wirklich den eignen Plan aus der Hand genommen und baute, wie er es wollte. Und dabei wurde uns bewusst, dass „Seine Gedanken höher sind als unsere und Seine Wege anders sind als unsere“. Nicht wir, sondern Gott selbst baut seine Gemeinde und er tut es so, wie er es für richtig hält. Unsere eigenen Ambitionen und unsere Versuche das Gemeindeleben nach bestimmten Vorstellungen zu organisieren musste in den vergangenen Jahren zerbrechen – Gott forderte uns auf, alles in Seine Hände zu legen. Wir sind gespannt wie es nun weitergeht und wir sind zuversichtlich, weil es Seine Gemeinde, Sein Werk ist und wir sind bereit, uns von Ihm gebrauchen zu lassen.
Jesus selbst sagte: „Und auf diesem Felsen (Jesus) will ich meine Gemeinde bauen und des Hades Pforten werden sie nicht überwinden.“ (Mt. 16,18)

ein Beitrag von Richard Schutty, Hausgemeinde Dinnendahlstr. in Essen, 8.6.07

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